Barbara Wendelken - Das Dorf der Lügen

 

Eines Abends geht im Polizeirevier Martinsfehn ein Hinweis ein, dass sich jemand auf Claasens Hof herumtreibt. Zwei Beamte machen sich auf den Weg. Dunkelheit, Regen, ein verlassenes Gehöft, der unerfahrenen Polizeikommissarin Viktoria Engel gehen die Nerven durch und sie erschießt einen harmlosen Sechzehnjährigen, Rouven Kramer, den Sohn des Pastors. Vollkommen geschockt gelingt es Engel, den Kollegen zu überzeugen, eine Notwehrsituation zu konstruieren.

Doch die Dorfgemeinde hegt starke Zweifel am angeblichen Tathergang und es kommt zu offenen Anfeindungen gegen die Polizei. Es stellt sich heraus, dass Rouven Kramer nicht allein bei Claasen war, aber die Zeugin meldet sich nicht. Dann geschieht ein Mord, bei dem jemand die Tatumstände auf Claasens Hof nachgestellt hat und Hauptkommissar Renke Nordmann, Leiter des Polizeireviers Martinsfehn, muss befürchten, dass seine Tochter Aleena darin verwickelt ist. In Martinsfehn breiten sich Misstrauen und Zweifel aus, bis niemand mehr dem anderen traut …

 


Leseprobe:

 

„Wir sind da.“

Der alte Claasen war vor zehn oder elf Jahren gestorben. Seither stand der Hof leer. Seine beiden Söhne versuchten seit einiger Zeit halbherzig, das Anwesen zu verkaufen. Ihre Preisvorstellungen hatten allerdings wenig mit der Realität gemein. Es hieß, sie hätten Geld genug und wären nicht drauf angewiesen, ihr Elternhaus zu verschleudern. Der Hof verfiel unterdessen. Das hatte schon vor dem Tod des alten Claasen angefangen und seit niemand mehr dort wohnte, schritt der Verfall noch schneller voran.

Das Dach war undicht, im Scheunenbereich an einer Stelle sogar eingestürzt, in vielen Fenstern fehlten die Scheiben - ein Werk der ortsansässigen Jugend. Die Türen waren schon vor Jahren aufgebrochen worden, das Inventar zum größten Teil zertrümmert oder geklaut. Eine Zeitlang wurde die Polizei mehrmals in der Woche zu dem abgelegenen Gehöft gerufen. Inzwischen hatte sich das wieder gelegt. Heutzutage hing die Dorfjugend lieber am Marktplatz oder vor den Geschäften rum. Die Kids brauchten Licht, um sich zu zeigen.

 

Oliver parkte quer auf der Auffahrt. Kaum, dass der Wagen stand, zog er Viktoria auf seinen Schoß, er seufzte wohlig und leckte mit der Zunge über die weiche Haut in ihrem Nacken. Er hätte gar nicht in Worte fassen können, wie gut sie sich anfühlte, weich und trotzdem glatt und fest. 

 

„Wenn ich es mir recht überlege, bin ich doch froh, dass Renke nicht selbst gefahren ist.“ Er lachte leise. Kaum zu fassen, aber keiner der Kollegen ahnte etwas davon, dass er regelmäßig mit Viktoria schlief, mit der Frau, auf die alle im Revier scharf waren. Nicht mal Renke hatte was gemerkt, dabei hielt der sich immer für den Obercrack, weil er früher bei der Kripo gearbeitet hatte. Wirklich schade, dass Oliver keinem davon erzählen durfte. Sie würden ihn beneiden, alle, auch Renke, und das hätte er zu gern erlebt.  

 

Als er versuchte, ihre Uniformjacke zu öffnen, schlug Viktoria seine Hände fort. „Jetzt nicht. Nachher sieht uns jemand.“

„Hier ist doch keiner, Süße.“

 

 Eine ausführlichere Leseprobe finden Sie auf der Homepage des Verlags:

http://www.piper.de/buecher/leseprobe/das-dorf-der-luegen-isbn-978-3-492-30473-3/extract